MG Z Magnette 1953-1958

-geschrieben von Günter Graskamp-

Vergessen Sie alles, was Sie bisher über relativ günstige MGA- oder MGB-Restaurationen wussten. Für die Z Magnette gibt es weder günstige Teilenachfertigung in Fernost, noch gibt es zahlreiche Händler um die Ecke (schon gar nicht hier auf dem Kontinent). Die Kosten einer Komplettrestauration übersteigen den späteren Marktwert bei weitem und liegen eher auf Jaguar-Niveau – Dafür bieten noble Ledersitze und ein schönes Holzamaturenbrett aber auch Jaguar-Flair. Aber genau genommen braucht man die Magnette gar nicht mit dem Jaguar vergleichen, weil sie ihr eigenes Flair hat.

Grundsätzlich haben Sie die Wahl zwischen drei Modellen:

  • M.G. ZA Magnette
    erkennbar an dem Chrom über dem vorderen Radlauf, dem sog. “hockey-stick”
  • M.G. ZB Magnette
    der Nachfolger mit gerader Chromleiste, gesteigerter Motorleistung und längerer Hinterachsübersetzung
  • M.G. ZB Magnette “Varitone”
    technisch identisch mit der ZB, aber andere Chromverzierung, um die Zweifarbenlackierung abzusetzen, sowie größeres Heckfenster

Technik

Motor, Getriebe und Hinterachse sind Großserientechnik und äußerst robust. Ersatzteile sind erhältlich und preiswert. Doch Achtung: der Teufel steckt oft im Detail. Viele Teile sehen identisch aus, passen aber dennoch nicht (Bsp.: die Hinterachse des MGA ist schmaler). Stärkere Motoren aus MGA und MGB (bedingt) passen und sind vielfach schon eingebaut. Lenkung und die Einzelradvorderradaufhängung sind Magnette-spezifisch! Dennoch läßt sich der familientaugliche Saloon auch heute noch im Alltagsbetrieb nutzen und macht bei entsprechender Wartung (Schmiernippel!) kaum Kummer.

Chrom

Der Chrom sollte zumindest komplett vorhanden sein, um die Teile, wenn notwendig, neu zu verchromen. (Billig-) Neuware aus Fernost gibt es nicht.
Probleme bereiten die äußeren Türgriffe, Haubenscharniere und das Gehäuse der Nummerschildbeleuchtung am Heckdeckel. Diese Teile sind aus Spritzguss und nur sehr schwierig (und deshalb teuer) zu verchromen. Zumindest für die Nummernschildbeleuchtung gibt es mittlerweile Nachbauten. Stoßstangen und -hörner sind im Austausch erhältlich.

Blech

Eigentlich hat die Magnette nur eine richtige Schwachstelle – die unteren 10 cm der Karosserie. Aufgrund der vielen Hohlräume der selbsttragenden Karosserie findet Feuchtigkeit und Rost viele Nester. Dies gilt für die Schweller genauso wie für die Türen und Kotflügel. Ersatzteile sind teuer und der Aufwand erheblich. Sind die Bodenbleche bereits angenagt sollte man die Finger von dem Objekt lassen.

Interieur

Das noble Interieur der Magnette ist meistens sehr gut erhalten. Englische Exemplare werden zumeist von älteren Herren chauffiert, und entsprechend gepflegt. Anders sehen Importautos aus den USA aus.Genauer betrachten sollte man das Holzamaturenbrett. Undichte Windschutzscheiben können zu modernden Amaturenbrettern führen.

Eine ausführliche deutschsprachige Kaufberatung finden Sie in der Ausgabe der Oldimer Markt Januar 2003.
Weiterführende englischsprachige Informationen incl. vielen Kaufberatungen aus englischen Magazinen finden Sie auf der Webseite des Z Magnette Registers unter http://www.magnette.org/

Noch ein Tip: Gehen Sie nicht alleine, sondern nehmen Sie einen neutralen, möglichst auch Z-Magnette “infizierten” Menschen mit. Meist ist man etwas zu euphorisch bei der Begutachtung des glänzenden Prachtstücks und übersieht einiges.

Für weitere Auskünfte steht unseren Clubmitgliedern auch ein M.G. Z-Magnette Kontaktmann zur Verfügung. Aufgrund einschlägiger Schraubererfahrung auch in technischen Fragen. Werden Sie Mitglied beim MGCC !

Historie

Im Jahr 1949 kehrt Gerald Palmer, der bereits von 1937 bis 1942 bei M.G. beschäftigt war, als Chefdesigner zur Nuffield Group zurück, von der M.G. mittlerweile aufgekauft wurde. Bei Nuffield soll er neue Modelle für M.G., Riley und Wolseley entwerfen. Das aktuelle M.G. Modell, der Y-Type sollte schon 1940 erscheinen, kam aber wegen des Krieges erst 1946 auf den Markt und war daher bei Erscheinen schon veraltet. Als Nachfolger entwirft Palmer die Z-Magnette bzw. den Wolseley 4/44, die am unteren Ende der Mittelklasse für Ersatz sorgen sollen. Für die Riley Reihe entsteht der Pathfinder, der eine Nummer größer ist.

Bei seinem Entwurf ist Palmer von den großen italienischen Designern beeinflußt, was die Ähnlichkeit zum Lancia Aurelia (Front) und anderen Fiat und Alfa Romeo Modellen erklärt. Obwohl der M.G. als erstes entworfen wurde, erscheint 1952 zunächst sein Bruder, der Wolseley 4/44, weil ein neues Wolseley Modell dringender gebraucht wird. Angetrieben wird dieser vom XPAG-Agggregat, das aber weniger leistet als in den M.G. T-Modellen und deshalb keine berauschenden Fahrleistungen für die über eine Tonne schwere Limousine zuläßt. Im Oktober 1953 stehen dann auf der London Motor Show zwei Magnette, die beide erst kurz vor Ausstellungsbeginn fertiggestellt wurden. Wegen Produktionsproblemen entsprachen die gefertigten Autos nicht in allen Punkten der Werbung: Die ausgestellten M.G.s besitzen noch keine Dreiecksfenster und auch das angekündigte Holzarmaturenbrett konnte wegen Materialknappheit nicht gebaut werden. Dies änderte sich erst, als im März 1955 nach knapp 6000 gebauten Einheiten italienisches Walnußfurnier verfügbar war. Dafür werden die Autos durch serienmäßige Nebelscheinwerfer und Stoßstangenhörner aufgewertet. Vermutlich wollte man damit allen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen. Auch die sonstige Ausstattung kann sich sehen lassen: serienmäßig wird eine Heizung angeboten, was auch bei teureren Modellen noch nicht Standard ist. Außerdem dürfen die Passagiere auf Ledersitzen Platz nehmen. Angetrieben wird die Magnette von dem neu entwickelten B-Serien Motor, der mit zwei SU H2 Vergaser immerhin 60 bhp bei 4600 U/Min leistet. Die ZA Magnette kostete mit £ 915 weniger als der Y-Type ( £ 989). Trotzdem war der M.G. für europäische Verhältnisse zu teuer. (1956 kostete die Magnette 8.995,- DM zuzügl. 40,- DM Spesen) Es ist anzunehmen, daß die Leute, die Mitte der 50er über das nötige Kleingeld verfügten, sich nicht ausgerechnet eine Magnette zugelegt haben. Die nach Deutschland importierten Magnette dürften auf Botschafts- und Armeeangehörige zugelassen gewesen sein.Wurde der neue Wolseley 1952 noch gelobt, geht bei der M.G.-Vorstellung ein Aufschrei durch die Fangemeinde. Die Wiederverwendung des ruhmreichen Namens Magnette an einer Familienkutsche mit Wolseley Karrosserie, Austin Motor und Kühlerattrappe entspricht nicht dem, was man bisher von M.G. gewohnt war. Dabei ist der M.G. keine Kopie des Wolseley, schließlich entstand der M.G als erstes auf dem Reißbrett. Außerdem wurde, um die Sportlichkeit des M.G. gegenüber dem luxuriösen Wolseley hervorzuheben, die Karrosserie zwei Inch niedriger gelegt, was nicht nur sportlicher aussieht, sondern auch ein besseres Handling verspricht. Dies hat aber zur Folge, daß der Wolseley und der M.G. sich nur noch wenige Bleche teilen. Außer dem Dach, den Fronttüren und der Kofferraumklappe sind die Bleche unterschiedlich! Da die Magnette tiefer liegt, sind die Bodengruppe, Schweller, Vorder und Heckkotflügel verschieden. Außerdem tragen beide Autos ihren traditionellen Kühlergrill. Deshalb sind noch nicht einmal die Motorhauben untereinander austauschbar. Dennoch leitete die Magnette eine neue Ära in Abingdon ein. Sie ist der erste M.G., der über eine selbsttragende Karrossie verfügt. Dies bringt natürlich Probleme mit sich, hat man doch bisher in Abingdon immer M.G.s auf Rahmen montiert, wie es zeitgleich noch beim TF und ab 1955 auch noch beim MGA geschieht. So ist es nicht verwunderlich, daß die Bauzeit für eine Magnette zu Beginn noch 4 Wochen beträgt. Nach 140 Fahrzeugen verkürzt sich die Laufzeit bis auf eine Woche, was auch Standard wird. Die Produktion beginnt im Februar 1954 nachdem die Hinterachse noch auf Anweisung von John Thornley geändert wurde. Die Karrosserie wird fertig lackiert von Pressed Steel in Swindon geliefert, die Antriebseinheit kommt aus Coventry.

Bis Juli 1956 werden nur Kleinigkeiten geändert, dann erhält der Motor eine Leistungskur. Durch die Anhebung der Kompression von 7.15:1 auf 8.3:1 , größere H4 Vergaser und geänderte Ein- und Auslaßkrümmer wird die Leistung auf 68 bhp angehoben. Im September 1957 erscheint dann die ZB Magnette, die sich nur durch leicht geänderten Chromschmuck vom Vorgänger unterscheidet. Für £ 25 Aufpreis kann sich der Interessent jetzt auch für das Varitone Modell entscheiden. Dieses bietet ein größeres Heckfenster und eine Zweifarbenlackierung. Allerdings gibt es auch einfarbige Varitones. Für den Aufpreis von £ 50 kann der Kunde sich auch noch eine automatische Kupplung einbauen lassen. Die ersten Wagen leiden allerdings daran, daß die Kupplung nicht richtig arbeitet und werden 1958 zurückgerufen, um sie zu modifizieren. Die ‘Manumatic clutch’ war aber nie populär und wurde ab Oktober 1958 nicht mehr gebaut. Wer sich dennoch dafür entschieden hatte und erst später merkte, daß er seine £ 50 falsch investiert hatte, konnte sich bei seinem M.G. Händler für den Preis von £ 75 sein Auto auf normalen Kupplungsbetriebzurückrüsten lassen.

Ende Dezember 1958 ist nach 36.601 gebauten Exempleren Schluss. Diese Anzahl hat bis dahin kein anders M.G.-Modell erreicht! Die Ablösung kommt Mitte 1959 als Mk III Magnette, die aber nur noch den Namen gemeinsam hat. Aber das ist eine andere Geschichte …